Sonntag, 13. Juni 2021

Die verschwundenen Katzen

Es ist jedes Jahr zu Beginn des Frühlings und dann im Sommer erneut. Mein Telefon, Mailaccount und Facebook-Messenger, sind voll mit Anfragen von verzweifelten Katzenbesitzer*innen. Normalerweise freue ich mich, wenn ich Mittags meine Erreichbarkeiten auf Nachrichten prüfe. Es ist schön, wenn Tierbesitzer um Hilfe bitten und ich ihnen diese entgegen bringen darf. Natürlich begegne ich als Kinesiologe für Mensch und Tier, den verschiedensten Geschichten und gerade im Tiermedizinischen Sektor bekomme ich viele schlimme Geschehnisse mit. Es ist also mein Alltag unterschiedlichste Erfahrungen von Mensch und Tier zu erfahren und Hilfestellung zu bieten. Da ich auch Tier-Gesundheitsberater seit nun 10 Jahren bin, melden sich auch viele Tierbesitzer deren Tiere an chronischen Erkrankungen, Syndromen oder ähnlichem leiden. Fehldiagnosen, suboptimale Therapien sowie völlige bereits erfolgte Ausschöpfung der veterinärmedizinischen Möglichkeiten sind mein täglich Brot. Denn wer mit der sogenannten Schulmedizin nicht weiter kommt, der meldet sich irgendwann bei mir. Da ist mein Einsatzgebiet, denn wo die Grenzen der Schulmedizin erreicht werden, beginnt mein Tätigungsfeld sowohl als Ernährungsberater, Tier-Gesundheitsberater und Tier-Kinesiologe. Nun warum diese lange Einleitung. Ich möchte deutlich machen, wie viele unterschiedlichen und vor Allem scheinbar aussichtslosen Fällen ich begegne. Dies seit nun 10 Jahren. 10 Jahre,von denen ich ebenso 10 Jahre davon lebe. Bedeutet, es sind so viele Tiere und so viele Erfolgserlebnisse. Erfolge und Selbstheilungen bei beinahe allen meinen Schützlingen über dieses Jahrzehnt. Es gibt also nicht vieles, was für mich als unmöglich gilt. Doch jeden Frühling wenn sich die Anfragen nach einer Tierkommunikation wegen eines vermissten Büsis häufen, kommt es. Dieses unbefriedigende Gefühl, die Sorge nicht helfen zu können.

Da sitze ich also vor meinem Handy oder Bildschirm und präge mir das Bild dieser Katzen ein. Mit jeder einzelnen kommuniziere ich und erhalte, wenn ich Glück habe, Informationen die dem Katzenpersonal dienlich sind. Manche bringe ich auch dazu innert Minuten Nachhause zu gelangen. Bei manchen Büsis setze ich meine Tierkommunikationsschüler ein, damit wir mehrere Anhaltspunkte haben. Gerade bei ängstlichen Katzen, hat sich dies als sinnvoll erwiesen. Manchmal gibt es auch Büsis, bei denen ich spüre, da braucht es jemand anderen und so kann ich den Tierbesitzern jemanden empfehlen. Grenzen setzen und die eigenen Grenzen erkennen ist sehr wichtig für mich und so teile ich meinen Klienten jeweils mit, dass Tierkommunikation mit verschwundene Katzen nicht zu meinen Stärken zählt. Mir fehlt es an Geduld in diesem Thema und ich leide zu sehr mit den Tierbesitzern mit. Vor allem, da es so oft der Fall ist, dass Katzen nicht zurück kommen weil sie neue Familien gefunden haben.

Ich hoffe einigen Lesern stockt nun der Atem, denn genau so geht es mir jedes einzelne Mal, wenn ich während der Kommunikation mitbekomme, dass ein Tier nicht mehr zur eigenen Familie gelangt. Eingesperrt, in dem vermeintlich selbst ausgesuchten, neuen Zuhause, verbringt die Katze ihr Dasein oft ohne zu hinterfragen, weshalb sie nun da ist. Klar, einigen Katzen ist es egal, sie sind im neuen Zuhause und geniessen es und manche davon haben sogar mehrere Familien und besuchen diese abwechslungsweise. Teilweise bekommen es die Familien nicht einmal gross mit. Ein Kater mit dem ich immer wieder Kontakten darf, hat gleich drei Familien bei denen er jeweils Wochenweise ist. Zwei der Familien kennen sich inzwischen auch und teilen sich sozusagen das Sorgerecht. Diese Fälle sind zum Schmunzeln und verdeutlichen das selbständige und offene Wesen der Katze. Doch die Fälle, weswegen mir teilweise die Galle hochkommt,sind die folgenden. Am meisten begegne ich jungen Büsis, die nach der 2. oder 3. Woche Freigang nicht mehr Nachhause kommen. Die Besitzer denken, das Büsi findet den Weg nicht mehr und ich muss erfahren, dass das Kätzchen von Fremden gefüttert wurde und es deswegen natürlich immer wieder zu Besuch ging bei diesen Fremden. Die Fremden haben dies schliesslich so interpretiert, dass das arme Kleine, allein gelassene und sehr hungrige Büsi kein Zuhause habe. Also wird es in die Wohnung oder das Haus gelassen und solange drin behalten, bis Büsi umquartiert wurde. Manche kommen nie wieder raus, es könnte ja jemand anderes das selbe veranstalten. Spreche ich Personen an, die genau dies tun, die also die Fremden in dieser Geschichte sind, höre ich immer wieder die selbe Leier: „Katzen suchen sich ihr Zuhause selber aus.“ oder: „Die Katze hat sich mich ausgesucht.“ Hier muss ich ganz klar wieder-sprechen!

Es handelt sich hier um Diebstahl! Ja! Nichts anderes als das. Wer eine junge oder alte Katze oder Kater anfüttert begeht schleichenden Diebstahl. Auch wer die Katze nicht zu sich rein holt und nur ab und zu etwas Trockenfutter bereit legt, überschreitet hier eine Grenze. Oder wie würde es aussehen, wenn jemand bei Kinderspielplätzen -rum lungert und den Kindern Süssigkeiten anbietet? Ja, genau auf das möchte ich hinaus... Wo ist hier bitte der Unterschied? Warum ist es für Menschen absolut in Ordnung, dass regelmässig Katzen fremd gefüttert werden und selbständig von anderen entwendet werden? Warum ist dies in unserer Gesellschaft okay? Nein hier geht es nicht um die Vermenschlichung von Katzen. Es geht darum sich an Grenzen zu halten und Respekt gegenüber anderen Lebewesen. Es geht um Empathie und Selbstreflektion. Denn ausser Menschen, die einen Grund suchten ihre Katze los zu werden, kenne ich keinen Katzenbesitzer der es schön fand, dass seine Katze „sich ein neues Zuhause gesucht hatte“.

Nein, ich selbst bin kein gebrannter Tierhalter. Meine Kater kamen immer wieder Nachhause. Sogar mein sehr, sehr menschenfreundlicher Main-Coon-Mix Blake, der regelmässig mit Spaziergängern mit lief, der zur nahe gelegenen Psychiatrie spazierte und dort in der geschlossenen Abteilung zum regelmässigen Therapeuteneinsatz ging. Er wurde nicht einmal von diesen Menschen gefüttert. Glücklicherweise bekam ich Anrufe und so konnte ich ihn jeweils abholen, oder den Spaziergängern berichten, sie sollen einfach weiter gehen, er kenne denn Weg. Die Pfleger der Geschlossenen Abteilung der Psychiatrie wollten ihn nach ein paar Besuchen behalten, weil er es so toll gemacht habe mit den schwierigeren Patienten. Ich vergesse nie wieder als ich zum ersten Mal an der mehrfach gesicherten Stationstüre stand um darauf zu warten, dass mir mein schwarzer Main-Coon-Kater gebracht wird. Natürlich fragte ich, wie er überhaupt hinein kam. Die Fenster sind ja auch gesichert. Es stellte sich heraus, dass er durch ein Kippfenster eingedrungen war und nachdem sie ihn kannten liessen sie ihn einfach hinein. Ich bat sie darum ihn einfach nicht zu füttern, dann käme er auch wieder Nachhause. So war er immer wieder dort, manchmal musste ich ihn abholen und manchmal eben nicht. Eine Lösung also für alle Beteiligten. Ein anderes Mal erhielt ich einen Anruf, dass mein Kater das Futter von anderen Katzen weg fressen würde. Da mein Blake gebarft wurde und nicht sonderlich auf Trockenfutter stand, war ich schon erstaunt. Schliesslich erzählte mir die Dame am Telefon, dass sie ihn aus dem Haus habe schmeissen müssen, da er ihre Katzen abgeschlagen hätte. Ich musste schmunzeln und fragte weshalb er überhaupt drinnen war. Sie erklärte, eines ihrer Kinder habe ihn reingelassen. Sie entschuldigte sich mehrere Male, dass sie ihn weg jagen musste und ich musste ihr sagen, dass ich dies begrüsse und ich sie darum bitte, dass sie ihn mit dem Wasserschlauch verjagen solle. Erst dann begriff sie, es war o.k. für mich.

So weit sind wir also mit diesem Glaubenssatz, man dürfe der Katze nicht ihr Wunsch Zuhause verwehren. So weit, dass Menschen sich nicht einmal mehr getrauen, ihre eigenen Katzen und ihr eigenes Grundstück mit einem Wasserschlauch zu verteidigen. Nein, scheinbar ist es schlimmer einer Katze schmerzlos Grenzen zu vermitteln, als eine Katze zu stehlen. Ebenso bin ich die Aussagen und Interpretationen über fremde Katzen leid. Wie oft ich von Personen zu hören bekomme: „Das Büsi sieht auch ganz schlimm aus, deswegen füttere ich es.“ oder „Das Büsi hat so viel Hunger und ist ganz mager, niemand schaut zu dem“. Am besten ist es, wenn ich dann noch ein Foto des Büsis zu Gesicht bekomme und sich meine Vermutung und Erfahrung bestätigt. Eine junge Katze..klar hat die Hunger, oder einfach eine sehr alte Katze, deren Fell nicht mehr so hübsch aussieht.

Den Personen ins Gewissen zu reden, weshalb es unfair und absolut ungerechtfertigt ist eine Katze auf diese hinterlistige Art zu entwenden, kann ich und tu ich auch. Doch die andere Seite. Die Seite der ursprünglichen Büsibesitzer zu trösten, die tut weh. Ihr Unverständnis, die Hilflosigkeit und Trauer wenn ein Familienmitglied gestohlen wird. Manchmal, jedoch selten, haben sie Glück und die Katze ist geschippt, so dass die nahegelegen Tierärzte informiert werden können und ich schon erlebt habe das zwei Büsis so zurück fanden. Doch oft werden diese Katzen nie wieder gefunden bzw. Die Besitzer finden heraus wer die Katze hat und wo sie ist..doch ohne Chip lässt sich nichts machen und so finden sich leider viele damit ab, dass das Büsi das sie jahrelang aufgezogen, gehegt und gepflegt haben, oder auf das sie lange gewartet haben um es zu adoptieren, weg ist. Gestohlen von einer ignoranten oder einfach unaufgeklärten Person.

Also meine Bitte an jeden Katzenbesitzer: Bitte, überdenkt diesen Glaubenssatz. Bedenkt wie es euch gehen würde und verbreitet die Botschaft, dass es eben nicht o.k. Ist Katzen zu stehlen. Chippen hilft, doch leider nur bedingt..eben ich kenne erst zwei Fälle bei denen der Chip geholfen hatte. Bei Katzen wird beim Tierarzt der Chip oft nicht abgelesen, da dieser ja nur optional ist. So bleibt Katzendiebstahl oft unerkannt. Ich kenne sogar Fälle, da hat der Besitzer es via Tierarzt selbst ummelden lassen. Der Tierarzt hatte da leider blind vertraut bzw. Er wurde verarscht. Es kam nie raus, ich weiss es, weil der Besitzer damit bei mir geprahlt hatte! Ihr macht nicht nur jedem Katzenliebhaber und den Katzen selbst einen Gefallen, sondern mein Frühling auch schöner. Ein paar verschwundene Katzen weniger sind schon wunderbar. Die Büsis, die leider verufallen, möchte ich auch kurz meine Gedenken erweisen. Jedes Büsi das so sterben muss, ist eines Zuviel. Die Streunerbüsis sind zum Glück schnell wieder Zuhause und werden diese nicht fremd gefüttert, oder eingesperrt bleiben sie einfach neugierige Welterkunden.

So ehren wir das Wesen der Katze. Indem wir ihre neugierige und freiheitsliebende Art schätzen und ihre Familie respektieren.

Das war dann Heute mein Wort zum Sonntag.

Schönen Start in die kommende Woche euch allen.


Jean de Carvalho

 










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